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zur Gesetzeslage

Gesetzeslage

Deutschland

In Deutschland war es, bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung Betäubungsmittel rechtlicher und anderer Vorschriften („Cannabis-Gesetz“, Erlass 10.03.2017) lediglich mit einer Ausnahmeerlaubnis durch das BfArM möglich, eine Therapie mit Cannabisblüten und -zubereitungen zu erhalten. Seit bereits 1998 sind Cannabinoidhaltige Fertigarzneimittel als verkehrs- und verschreibungsfähige Betäubungsmittel (Anlage III Betäubungsmittelgesetz, BtMG) eingestuft. Mit dem Inkrafttreten des „Cannabis-Gesetzes“, ist Deutschland eines der ersten Länder Europas, in dem jeder Arzt Cannabis zu medizinischen Zwecken verordnen darf und die Krankenkasse die Kosten für medizinisches Cannabis sowie Cannabinoid haltige Medikamente auf der Basis von Cannabis übernehmen sollte. Das Gesetz legt die Voraussetzungen für eine Verordnung von Cannabis, aber nicht die Indikationen dafür fest. Hierdurch hat sich die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung mit Cannabinoid haltiger Arznei etwas verbessert.

 

Auszug Wortlaut Cannabis-Gesetz Änderung im SGB V § 31

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn
1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a) nicht zur Verfügung steht oder
b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden, nicht-interventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Arzneimittel nach Satz 1 beauftragt. Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 5 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten und nutzen. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 8 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 4 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht.

 

Zeitliche Übersicht

1998 wurde Dronabinol von der Anlage II in Anlage III eingestuft

2000 gab es den Beschluss des Bundesverfassungsgericht für das BfArM den Antrag auf Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten für Patienten zu genehmigen. Bis 2005 wurden weiterhin alle Anträge auf eine Ausnahmeerlaubnis abgelehnt. Den seit Mai 2000 gestellten Antrag des Klägers auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Anbau von Cannabis zur medizinischen Selbstversorgung lehnte das BfArM mit Bescheid vom 06.12.2007 und Widerspruchsbescheid vom 10.08.2010 ab.

2005 kam dann ein weiteres Urteil, diesmal vom Bundesverwaltungsgericht, dass das BfArM die Anträge auf Ausnahmegenehmigung nicht pauschal ablehnen darf.

2007 gab es die erste Ausnahmegenehmigung für Cannabis Extrakte.

2011 gab es dann die Zulassung von Sativex bei therapieresistenten mittelschweren bis schweren Spastiken und Multipler Sklerose (MS). Des weiteren beschloss das Verwaltungsgericht Köln, das eine erneute Entscheidung über Cannabis-Anbau durch Multiple-Sklerose-Patienten erforderlich ist.

2012 beschloss das Oberverwaltungsgericht Münster, das Schwerkranke unter bestimmten Bedingungen Cannabis selbst anbauen dürfen. Hiergegen ging die Behörde gegen das Urteil zur Genehmigungsfähigkeit von Cannabis-Anbau in Berufung.

2015 will die Drogenbeauftragte Cannabis-Konsum für Schwerkranke erleichtern, die Krankenkasse muss jedoch die Kosten für Cannabis nicht übernehmen.

2016 (April 2016) hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil das BfArM aufgefordert einem Patienten eine Ausnahmeerlaubnis für den Eigenanbau seiner Cannabis Blüten zu erteilen. Diese Erteilung hat dann jedoch noch ein halbes Jahr gedauert und wurde vom BfArM beschränkt auf den Zeitraum bis zur Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Es gab dann auch eine Änderung in einem Gesetzentwurf zur Betäubungsmittel rechtlichen Bestimmung bei Cannabis und cannabionoid-haltigen Arzneimitteln.

2017 kam dann das sogenannte „Anbauverhinderungsgesetz“, das Gesetz zur medizinischen Verwendung von Cannabis zu Lasten der Krankenkassen. Es wurde am 19.01.2017 beschlossen und ist am 10.03.2017 in Kraft getreten.

2018 Ab diesem Jahr ab es die ersten Ausschreibungen des BfArM zur Produktion von Cannabis Blüten in Deutschland. Hier wurden die Hürden anfangs vom BfArM wiederum so hoch gesetzt, das es für deutsche Firmen fast unmöglich war, diese zu erfüllen. Hierbei kam es dann zu vielen weiteren Klagen gegen die Anforderungen seitens des BfArM.

2019 Im Mai hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Vergabeverfahren der Lizenzen für den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken abgeschlossen und Zuschläge für 13 Lose erteilt. Die Aphria Deutschland GmbH und Aurora Produktions GmbH haben hierbei den Zuschlag für je fünf Lose erhalten und die Demecan GmbH den Zuschlag für drei Lose.

Die Ausschreibung umfasst insgesamt 10.400 kg Cannabis, verteilt auf vier Jahre mit jeweils 2.600 kg. Jedes Los steht für eine Jahresmenge von 200 kg. Die ersten Lieferungen sollen im vierten Quartal 2020 erfolgen.

 

Die Überwachung des Anbau und die Verfügbarkeit von Cannabis durch die Cannabisagentur

Die Single Convention on Narcotic Drugs von 1961 (das internationale verbindliche Einheitsabkommen) bestimmt in den Artikeln 23 und 28 Absatz 1, dass der Cannabisanbau von einer staatlichen Stelle überwacht werden muss. In Deutschland hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Aufgabe der Überwachungs- und Regulierungsstelle übernommen. Gleichzeitig ist das BfArM in der Funktion einer sogenannten Cannabis Agentur dazu verpflichtet, die unter staatlicher Aufsicht produzierte Menge medizinischen Cannabis vollständig aufzukaufen und für die medizinische Nutzung verfügbar zu machen. Solange in Deutschland kein im Eigenanbau hergestelltes, medizinisches Cannabis zur Verfügung steht, dürfen Ärzte und Apotheken im Ausland produziertes und importiertes Cannabis verordnen bzw. abgeben. Voraussetzung ist, es wurde im Erzeugerland unter Aufsicht einer staatlichen Cannabis Agentur als Medizin produziert und erfüllt alle in Deutschland gültigen arzneimittelrechtlichen und betäubungsmittelrechtlichen Anforderungen. Die Bundesopiumstelle kontrolliert als Organ des BfArM den Import von medizinischem Cannabis. Sie ist allgemein zuständig für die Genehmigungen von Betäubungsmitteln.

 

Gesetzliche Regelungen für Ärzte und die ärztliche Verordnung

Der verschreibende Arzt trägt die Verantwortung für die Cannabis Therapie. Bei einer Verordnung von Cannabinoid haltiger Medizin muss er sich an die Arzneimittel- und Betäubungsmittel rechtlichen Regelungen halten. Arznei auf der Basis von Cannabis darf ausschließlich auf einem BtM-Rezept verordnet werden. Verschrieben werden dürfen getrocknete Blüten und Extrakte sowie bestimmte Fertigarzneien. In der BtMVV ist die verschreibungsfähige Höchstmenge festgelegt. Sie liegt bei getrockneten Cannabisblüten pro Patient bis zu 100 g innerhalb von 30 Tagen. Die Höchstmenge von Extrakten richtet sich nach dem Δ9-Tetrahydrocannabinolgehalt und beträgt 1000 mg. Eine Überschreitung der gesetzlich festgelegten Höchstmenge darf nur unter Verwendung des Ausnahmekennzeichens „A“ vorgenommen werden. Gesetzliche Voraussetzung für die kassenärztliche Verschreibung ist zudem die Klärung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Die Ausstellung eines Privatrezeptes zur Selbstzahlung ist ohne Genehmigung möglich. Die Teilnahme an einer nicht-interventionellen Begleiterhebung ist verpflichtend. Vor Therapiebeginn muss der Arzt den Patienten über die Teilnahme an der Begleiterhebung informieren. Voraussetzung für eine Verschreibung ist, dass eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, es keine weitere allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung gibt oder diese aufgrund der Nebenwirkungen und/oder dem Gesundheitszustands des Patienten nicht verordnet werden kann sowie mit einer positiven Wirkung auf den Krankheitsverlauf oder die schwerwiegenden Symptome gerechnet wird (siehe Wortlaut Cannabis-Gesetz Änderung im SGB V § 31 Absatz 6).

 

Gesetzliche Pflichten und Vorschriften für Apotheker

Medikamente auf Cannabinoidbasis gelten als Betäubungsmittel und müssen daher nach §§ 13 und 14 BtMVV dokumentiert werden. Jedes Arzneimittel, gleich ob Fertigarznei oder Rezeptursubstanz sowie jede einzelne Cannabissorte, erhält eine eigene Kartei. Der Deutsche Arzneimittel-Codex/Neues Rezepturformularium (DAC/NRF) hat neun Rezepturformeln für cannabishaltige Verordnungen entwickelt. Dabei können begrenzte, festgelegte Verlustmengen bei der Rezepturherstellung in der BtM-Kartei als separater Eintrag ohne Kommentierung erfolgen. Es gibt genaue Angaben zu Rezepturen (NRF 22.11, 22.16, 22.7., 22.8) und Cannabisblüten (NRF 22.12, 22.13, 22.14, 22.15). Wie alle Betäubungsmittel muss Cannabismedizin gesichert vor dem Zugriff Unbefugter in einem Tresor bzw. zertifizierten Wertschutzschrank gelagert werden.

Beschriftung des Abgabegefäßes nach §14 ApoBetrO

• Name und Anschrift der abgebenden Apotheke und des Herstellers
• Inhalt nach Gewicht
• Art der Anwendung
• Gebrauchsanweisung
• Wirkstoffe nach Art und Menge und sonstige Bestandteile nach der Art
• Herstellungsdatum
• Haltbarkeitsdatum oder Verwendbarkeitsfrist
• Hinweise auf besondere Vorsichtsmaßnahmen
• Name des Patienten

 

Abgabe Cannabis flos

Bei der Annahme eines Cannabis Rezeptes sind, wie bei allen gängigen Betäubungsmitteln die geltenden Regeln zur Belieferung eines Betäubungsmittels zu beachten. Sind alle Vorgaben für ein BtM-Rezept nach 9 BtMVV erfüllt? Liegt eine Gebrauchsanweisung vor und ist die Kostenübernahme seitens der Krankenkasse gesichert (bei Privat Rezept nicht notwendig)? Soll ein Rezeptur- Arzneimittel erstellt werden, muss nach § 14 ApBetrO auf dem Behältnis die Art der Anwendung und die Gebrauchsanweisung angegeben werden. Liegt ein Zertifikat über die Prüfung der Reinheit bei Cannabis flos vor? Ist die Durchführung einer Identitätsprüfung nach DAB Monographie Cannabis flos oder DAC/NRF Abschnitt „Alternativen zur Identifizierung von Ausgangsstoffen“, Identitätsprüfung Cannabis (drei Varianten möglich: makroskopisch, mikroskopisch oder chromatografisch), laut ApBetrO ausreichend. Cannabisblüten Überschuss oder nicht mehr verwendbare Cannabis Blüten müssen zur Entsorgung zerkleinert und mit Teeblättern oder Kaffeepulver aus einem benutzten Filter gemischt werden oder durch Veraschung im Abzug oder durch Übergießen von Schwefelsäure unbrauchbar gemacht und anschließend in den Restabfall geworfen werden.

 

Betäubungsmittel rechtliche Vorgaben einer Cannabis Therapie für Patienten

Bei Patienten, die bisher aufgrund einer bestehenden Ausnahmegenehmigung des BfArM gemäß § 3 Abs. 2 BtMG mit Cannabis therapiert wurden, hatte die Ausnahmeerlaubnis drei Monate nach Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes (10.03.2017) ihre Gültigkeit verloren. Sie können sich jetzt Cannabinoidhaltige Arznei unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben über ein kassenärztliches oder privates Rezept verschreiben lassen. Zu beachten ist, dass das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Einfluss von Cannabis zunächst nach § 24a StVG eine Ordnungswidrigkeit ist. Ein Straftatbestand liegt vor, wenn die Voraussetzungen des § 315c – Gefährdung des Straßenverkehrs – oder § 316 – Fahruntüchtigkeit/Fahrunsicherheit erfüllt sind.

Für Cannabis Patienten gilt nach dem Straßenverkehrsgesetz § 24a, Satz 2 eine Ausnahme, „wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt“. Diese Ausnahmeregelung gilt, wenn der Patient sich selbst als fahrtauglich einschätzt und vom verschreibenden Arzt über die möglichen Einschränkungen der Fahrtauglichkeit durch eine Cannabis Medikation genauestens informiert worden ist. Grund ist, dass THC durch seine Wirkung auf die Wahrnehmung und das Reaktionsvermögen das Unfallrisiko signifikant erhöhen kann. Grundsätzlich gilt, 1 mg THC pro ml Blut ist der Grenzwert für die Fahrtauglichkeit – gleichgültig, ob es sich um legal oder illegal konsumiertes Cannabis handelt. Ein positives THC Screening als Verkehrsteilnehmer hat den Führerscheinentzug zur Folge. Cannabis Patienten sollten in jedem Fall bei einer Verkehrskontrolle ihren Ausnahmestatus und die medizinische Notwendigkeit des Cannabis Konsums durch eine ärztliche Bescheinigung oder ein Attest und einen sogenannten Cannabis Ausweis belegen können. In der Eingewöhnungsphase einer Cannabis Therapie ist vom Führen eines Kraftfahrzeuges unbedingt abzuraten. Risiken und Auswirkungen der Medikation, Wechselwirkungen und Nebenwirkungen können noch nicht abgeschätzt werden.

Wer innerhalb der Vertragsstaaten des Schengener Abkommens den Tagesbedarf bestimmter Cannabis Medikamente von bis zu 28 Tagen mitführen möchte, muss eine „Bescheinigung für das mit führen von Betäubungsmitteln im Rahmen einer ärztlichen Behandlung – Artikel 75 des Schengener Durchführungsabkommens“, vom Arzt ausgefüllt und von der zuständigen Gesundheitsbehörde beglaubigt, bei sich tragen bzw. mit sich führen.

 

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